… bist du in Forst doch sehr verloren. 

Die Forster Jugend hat bei den erwachsenen Mitbürgern nicht den besten Ruf. Sie seien faul, dumm, zu nichts zu gebrauchen. Sie hängen den ganzen Tag am Handy. Sie können nicht mehr mitdenken. Die verlorene Generation. Egal, mit wem ich mich unterhalte. Natürlich war es schon immer so, dass die Alten über die Jungen meckerten. Kenne ich aus meiner Jugend auch: “Mit euch kann man keinen Krieg mehr gewinnen.” Was zur Hölle für einen Krieg? Ja, unsere Großeltern sind in einer Zeit voller Verzicht und Elend aufgewachsen. Das kann man mit unserer Zeit aber auf keinen Fall vergleichen!

“In der DDR wussten die Kinder noch, wie sie mit Erwachsenen zu reden haben. Wir hatten Struktur und Ordnung.” Ja klar, aber auch Unterdrückung und Angst, dass einen jemand bei der Stasi verpfeift, weil man ein Paket aus dem Westen geliefert bekam. Die Mauer war der Krieg unserer Eltern. Habt ihr Älteren euch aber mal gefragt, welchen Krieg eure Kinder austragen müssen? Habt ihr sie mal gefragt, wie es ihnen geht? 

AI photo Kids in GDR

Gucken wir uns doch einmal an, was die Kids in Forst eigentlich zur Verfügung haben. Richtig, nicht viel. In meiner Jugend hatten wir drei Jugendeinrichtungen, zeitweise vier Discos und Clubs und vor allem noch engagierte Leute, die ein ehrliches Interesse an der Jugend hatten. Ich kann mich an keinen Tag Langeweile erinnern. Im SFZ beispielsweise hatten wir einen sicheren Treffpunkt, an dem wir uns austoben konnten.

Das Thema Skatepark stand damals schon auf dem Plan. Da die Stadt keine Mittel und keinen Standort hatte, bauten wir uns die Rampen eben selbst. Warmi, Rübchen und Zimmi, ein paar der damaligen Betreuer, ermöglichten uns alles, was in ihrer Macht lag und unterstützten uns bei allem. Im Eastside gab es Clubräume, in denen man sich an einem geschützten Ort ohne Eltern treffen konnte. Für Bands gab es kleine Proberäume und sogar ein Tonstudio. Das Bunte Haus war das Musikalische Epizentrum von Forst. Zu den besten Zeiten gab es fünf Tonstudios und ein Café; mindestens ein Mal im Monat wurden dort Konzerte und Hip-Hop Jams veranstaltet, bei denen sogar recht namenhafte Künstler zu Gast waren. Zudem konnte man an jedem Wochenende im Blue- Inn oder in Bohrau feiern gehen. 

Das Ganze ist aber leider Vergangenheit. Einzig das SFZ existiert noch. Allerdings ist die Einrichtung sehr stark in die Jahre gekommen und damit wenig attraktiv für Jugendliche und junge Erwachsene. Was machen die Kids denn nun mit ihrer Freizeit heute? Die wenigen, die Sport treiben, sind in den Vereinen aktiv. Der Rest bleibt allerdings leider auf der Strecke. 

Im Jahr 2019 gab es endlich Pläne, das ehemalige Eastside zu sanieren und als neue zentrale Jugendeinrichtung herzurichten. Für die Rekonstruktion wurden Fördergelder in erheblicher Höhe breitgestellt. Es wurden Pläne und Kostenrechnungen erstellt und der Nix e.V. war als Träger auch schon im Boot. Doch es sollte alles anders kommen. Nach den Kommunalwahlen im Jahr 2019 hatten die neu gewählten Stadtverordneten (vor allem aus AfD und Gemeinsam für Forst) Einwände gegen die genehmigten Pläne. So nahm das Unglück seinen Lauf. Den Parteien war es zu teuer, ein bestehendes Gebäude zu sanieren und es sollte doch lieber ein komplett neues Objekt an anderer Stelle errichtet werden. Ohne zu wissen, wie hoch die Kosten sind und ob es an dem Standort überhaupt möglich ist. 

So stand das komplette Projekt “Jugendhaus” auf einmal auf der Kippe. Der Einwand der Bürgermeisterin, dass ein Umplanen mit erheblichen Mehrkosten verbunden ist, wurde schulterzuckend ignoriert. Man muss hier verstehen, wie Kommunalpolitik funktioniert. Die politischen Entscheidungen in der Stadt Forst (Lausitz) trifft die Stadtverordnetenversammlung. Sie setzt sich aus 27 gewählten Vertretern der Bürger und der Bürgermeisterin als Chefin der Verwaltung zusammen. Sollten die Stadtverordneten also mehrheitlich entscheiden, dass in Forst alle Bäume gefällt werden, muss die Bürgermeisterin – auch wenn sie dagegen sein sollte – die Verwaltung beauftragen, den Wunsch der “Bürger” umzusetzen. Die Verwaltung hat also keine Handhabe, sich diesem Entschluss entgegenzustellen. 

Im konkreten Fall mit dem Jugendzentrum hat die SVV mehrheitlich beschlossen, dass der Standort in der Gubener Straße für ein Jugendzentrum nicht geeignet sei. Eine weitere Begründung neben den eventuellen Mehrkosten war, dass der Ort nicht zentral genug gelegen ist. Das Paradoxe an der Sache ist, dass im Zentrum der Stadt kein geeigneter Ort zu finden ist, da Anwohner sich durch den Lärm gestört fühlen würden. Das gleiche Dilemma besteht im Übrigen auch beim Skatepark, der seit mehr als 20 Jahren von der Jugend gewünscht wird. So kam es wie es kommen musste: Ohne die Jugend mit einzubeziehen, wurde beschlossen, dass ein neuer Standort gesucht wird und die Gubener Straße nicht weiter ausgebaut wird. Sämtliche Fördergelder mussten von der Verwaltung zurück gezahlt werden, von denen ein Teil natürlich für die Planung schon ausgegeben war. 

Das alte Eastside steht nun weiter mit ungewisser Zukunft leer

So stand die Jugend wieder ohne Ort für sich da. Abseits der Öffentlichkeit wurde in der SVV weiter fleißig über die Köpfe der Jugend diskutiert und sich zudem gegenseitig verklagt. Was da genau abgelaufen ist, kann man sich gern in den SVV-Protokollen der letzten 3 Jahre anschauen. Diese findet man gesammelt auf der Seite der Stadt Forst (Lausitz). Die Meinung des gewählten Kinder- und Jugendbeirats der Stadt wurde komplett ignoriert. Jetzt, mehr als 3 Jahre später, steht man immer noch an dem gleichen Punkt. Es wird diskutiert und gestritten und die Jugend ist komplett genervt und resigniert. Wie sollen sie denn noch Lust haben sich einzubringen, wenn sowieso gegen sie gearbeitet wird. 

Das Gleiche spielt sich übrigens beim Thema Stadion-Neubau ab. Seit mehr als 2 Jahren wird diskutiert, welche Form denn nun die neue Laufbahn haben wird. Ungeachtet dessen, welche Ressourcen und Flächen zur Verfügung stehen und was denn vor allem benötigt wird. Der allgemeinen Meinung nach reicht eine Trainingsbahn, um dort normal Lauf- und Athletiksport zu betreiben. Einzelne Mitglieder beharren aber auf einer sechsspurigen Olympia-Wettkampfbahn. Davon abgesehen, dass keine Stadt solch ein Training anbietet und die Sportler dafür nicht vorhanden sind, würde so eine große Bahn eine Erweiterung des Stadions bedeuten. Die Kosten dafür sind bis zum heutigen Tage nicht abschätzbar. Die Idee einzelner Stadtverordneter, das Jugendhaus an diesen Standort zu setzen, wäre dann auch hinfällig, weil einfach kein Platz mehr dafür ist. Im Übrigen soll der Skatepark auch an diesem Ort entstehen. Alle Bedenken von außen, was Planung, Umsetzung und Kosten angeht, wurden natürlich wieder ein mal ignoriert. 

In einer der vergangenen Sitzungen der SVV wurde angemerkt, dass bereits gezahlte Fördergelder zurück gezahlt werden müssen, falls es zu keiner Einigung kommt. Eben so wie beim Jugendzentrum in der Gubener Straße. Man bekommt das Gefühl, dass einzelne Mitglieder der SVV ihre eigene Agenda durchsetzen wollen und sich so an der Stadt und ihren Bürgern bereichern. Ein paar der Mitglieder sind auch gleichzeitig Unternehmer und im Baugewerbe tätig. #justsaying 

Auf diesem Hügel soll das neue Jugendhaus sowie ein Skatepark entstehen. Zudem müssten alle Bäume an diesem platz gefällt werden.

Wie soll die Jugend denn nun also damit umgehen? Von allen Seiten wird Ihnen gesagt “Du musst was tun. Engagier dich.” Wenn sie sich dann einbringen, werden sie blockiert und vor den Kopf gestoßen. In der Öffentlichkeit heißt es, es sei die verlorene Generation. Es wird aber auch von offizieller Seite nichts dagegen getan, dass sich daran etwas ändert. Forst ist aus meiner Sicht die jugendunfreundlichste Stadt, die ich kenne. In vielen Städten unserer Region wird alles getan, um die Jugend mitzunehmen. Spremberg ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Noch gibt es wenige, die sich nicht nur mit Lippenbekenntnissen für die Kids engagieren. Lange werden diese wenigen diesen Kampf aber nicht mehr führen wollen und können. Wenn sie auch noch aufgeben, ist die Jugend wirklich verloren. 

Im nächsten Jahr findet wieder eine Kommunalwahl statt, bei der wir erneut die Möglichkeit haben, unsere Vertreter in der SVV zu wählen. Sollten sich noch einmal die gleichen Personen aufstellen und wiedergewählt werden, sehe ich für die Zukunft der Stadt schwarz. Es müssen sich junge engagierte Leute finden, die diese Situation nicht mehr hinnehmen und wirklich etwas verändern wollen.  

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