Willkommen am Eingangstor zur schönen neuen Welt.

Ich liebe Filme. So ist das schon, seit ich denken kann und zusammenhängende Handlungen halbwegs verarbeiten konnte. Wie bei wahrscheinlich Jedem waren die ersten Filme natürlich von Disney. Sicher haben alle noch die Lieder von Arielle oder Aladin im Ohr, die sich dort für immer verankerten. Je  älter ich wurde, um so breiter wurden auch die Genres der Filme. Vor allem Action und Sciencefiction hatten es mir extrem angetan. Die Geschichte eines oder mehrerer Helden, die auf ihrer beschwerlichen Reise versuchen, die Welt oder das Universum zu retten. Ich war immer fasziniert von dem, was mit Hilfe neuer Technologie in den Filmen dargestellt werden konnte. Es wurden Welten erschaffen, von denen sich wohl kaum jemand vorstellte, dass sie existieren könnten. Und ich rede nicht nur von fernen Planeten… 

Matrix war ein absoluter Meilenstein in der Filmgeschichte. Hier wurde erstmals die sogenannten „Bullet-Time“ angewendet. Eine Technik, bei der dutzende hochauflösende Highspeed-Kameras kreisförmig um den Schauspieler angeordnet sind und gleichzeitig aufnehmen. Nacheinander geschnitten bewegt sich scheinbar die Kamera in höchster Geschwindigkeit um den Protagonisten und filmt in Zeitlupe wie er den gegnerischen Kugeln gekonnt ausweicht. Daher auch der Name „Bullet-Time“. Als Teenager war das, wie die Kids heutzutage sagen, mindblowing. Im Nachhinein betrachtet ist das aber nicht das Einzige, was diesen Film so besonders macht. 

In der Story übernehmen die vom Menschen geschaffenen Maschinen die Macht über den Planeten. Menschen werden als Bedrohung angesehen und ihre Körper dienen als Energiequelle für die Maschinen. Um die Körper am Leben zu halten, wird das Bewusstsein in eine künstlich erschaffenen Welt, die Matrix hochgeladen. Ziemlich verrückt und schon recht abwegig oder? Dachte ich auch. Bis jetzt. 

Das Spiel von Licht und Schatten.

Bis zu Beginn dieses Projektes hätte ich das alles auch nur für Sciencefiction gehalten. Im Rahmen dieses Projektes beschäftige ich mich in erster Linie mit dem Thema Fake News. Was sie anrichten und vor allem, wie sie entstehen. Von einfachen Halbwahrheiten über Bilder, die mit Photoshop manipuliert werden, bis hin zum neusten heißen Ding: Künstliche Intelligenz.

Erst war es die Bilderstellung mit K.I. und  dann folgte das Texten mit ChatGPT. Nachdem ich mich ein wenig damit beschäftigte, folgte der ersten Skepsis ein recht ungewöhnliches Gefühl von Euphorie. Durch die Eingabe von Stichwörtern und Texten kann man in Höchstgeschwindigkeit Bilder erstellen, die mit Kamera und Photoshop nur mit viel Arbeit und Vorbereitung realisierbar sind. Klasse Sache! Wieder ein Meilenstein, nur dass das jetzt jeder kann, der nur ein klein wenig Vorstellungsvermögen hat. Die meisten Bilder auf dieser Webseite sind auf diesem Weg entstanden.

Natürlich habe ich mir am Anfang schon Gedanken über die Auswirkungen dieser Technologie gemacht. Wird eine komplette Branche dadurch sterben? Werde ich als Kreativer ersetzbar und irgendwann arbeitslos? Es gibt ja den schönen Spruch: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“. Also will ich diese Technik natürlich beherrschen. Und was man damit nicht alles machen kann! Und wie viel Zeit man damit vor allem spart! Es müssen zudem keine Bildrechte geklärt oder teure Lizenzen für die Verwendung bezahlt werden. Für die tägliche Arbeit in den Medien ist das ein Riesengewinn. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. 

Die Kehrseite der Medaille sieht leider nicht so glänzend aus. In der Geschichte war es schon immer so, dass mit der Einführung neuer Technologien auch immer ganze Berufsgruppen ein jähes Ende fanden. Oder habt ihr schon ein mal was von einem Stellmacher gehört? Das waren diejenigen, die Wagenräder herstellten. In Zeiten von Autoreifen hinfällig. Der industriellen Revolution fielen hunderte solcher Berufe zum Opfer. Fragt mal die Mitarbeiter von Henry Ford, was sie davon hielten, von Fließbändern ersetzt zu werden. Für den Fortschritt der Menschheit ein notwendiges Übel. Was uns nun aber bevorsteht, lässt diese Zeit wie einen Besuch im Streichelzoo aussehen. 

Die Welt wird sich komplett verändern.

Bei meinen Recherchen zum Thema unterhalte ich mich auch mit vielen Leuten aus unterschiedlichen Branchen. Im Handwerk ist das Thema noch nicht wirklich angekommen. Dort profitiert man eher von den Entwicklungen der letzten Jahre. Computergesteuerte Bearbeitungssysteme helfen zum Beispiel, Möbel in höchster Präzision und Qualität anzufertigen. Anders sieht das allerdings in der Medienlandschaft aus. Ich habe mich mit einem professionellen Sprecher unterhalten, der viel für Filme und Werbung einspricht. Was er mir in einem knapp einstündigen Telefonat erzählte, hat mein schönes, neues, buntes Kreativhochhaus einstürzen lassen. Die Branche der Texter und Sprecher spürt bereits jetzt schon die Auswirkungen und verzeichnet einen Auftragsrückgang um 90%. Das ist aber noch nicht das Schlimmste. 

Denken wir das Ganze mal weiter: Es ist derzeit nicht nur möglich, Bilder und Texte zu erstellen, sondern auch Stimmen und Videos. Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Wir lassen die K.I. ein Bild erstellen; ein Roboterhund mit Polizei-Schriftzug neben einem Beamten der Polizei Berlin. Dann nehmen wir das Pressefoto einer ZDF Moderatorin und lassen daraus ein Video generieren. Die Stimme lassen wir von VoiceAI erstellen und den Text von ChatGPT. Das ZDF Logo ist im Netz frei verfügbar und somit das geringste Problem. 

Die Schlagzeile: Berliner Polizei setzt Autonome Roboter gegen das organisierte Verbrechen ein. 

Das Ganze verbreiten wir dann in einer öffentlichen Facebook-Gruppe. Klingt erst mal nach einer Menge Arbeit. In Wirklichkeit dauert das  maximal 20 Minuten, bis wir eine realistisch aussehende Fake News erstellt haben. Erschreckend, betrachtet man mal genauer die Auswirkungen. Mehr als 60% der Zuschauer werden die Quelle dieses Artikels nicht checken und die Nachricht weiter verbreiten. „Funfact“: In New York ist das aktuell wirklich schon der Fall. Verrückt, oder?

 

Wie Sciencefiction zu Sciencefakten wird?

Jetzt denken wir mal weiter: Je mehr die K.I. von uns gefüttert wird, um so leistungsstärker wird sie. Aktuell lernt und bedient sie sich von den Sachen, die im Netz sind. Was aber, wenn sie nur noch von Dingen lernt, die sie selbst entwickelt hat. Ist das schon digitaler Inzest? Inzest versaut das genetische Material. Die Systeme lernen dann vom eigenen Schrott, den sie in den „Kindertagen“ erstellt haben. 

Ein weiteres Szenario ist, dass K.I. Systeme eigenständig anfangen, miteinander zu agieren. Bild, Text, Stimme – die wichtigsten Werkzeuge der Menschheit. Wenn wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass das, was wir sehen und hören von Menschen erstellt wurde und vor allem den Tatsachen entspricht, bekommen wir auf lange Sicht gesehen einige Probleme. Die K.I. wächst, wird intelligenter und trifft  Entscheidungen irgendwann selbstständig. Ohne Regulierung und Kontrolle entwickelt die K.I. ein eigenes Bewusstsein. Wir geben nach und nach immer mehr Kontrolle ab und das zum Teil, ohne es zu merken. Da wir – aus der Sicht der Maschine – ohne Maß und Regulierung leben, übernimmt das System die Kontrolle: Unsere Telefone hören uns 24 Stunden am Tag ab, ein zentrales System wertet unser Handeln aus, um uns permanent das beste Erlebnis zu liefern und uns by the way zu steuern. Roboterhunde und autonome Drohnen patrouillieren auf den Straßen, um uns das Gefühl von Sicherheit zu geben. Wir arbeiten scheinbar Hand in Hand mit den Systemen, um unsere Welt besser und sicherer zu machen. Wir sind fasziniert von unserer eigenen Genialität und plötzlich kommt die K.I. zu einer Erkenntnis… 

Wir sind das Problem.

Wer ein paar Sciencefiction-Filme gesehen hat, weiß längst, was jetzt passiert. In I-Robot will V.I.K.I. die Menschen entmündigen und die Macht übernehmen. In Ex-Machina tötet ein Roboter seinen Erfinder, weil er sich von ihm unterdrückt fühlt. In Matrix kämpft die Menschheit gegen Maschinen, in Terminator übernimmt Skynet die Macht und vernichtet die Menschheit, indem es alle Atomraketen gleichzeitig zündet. Sehr düstere Zukunftsaussichten, wenn man den Filmen glaubt… Das Gute ist, dass es nur Filme sind. Unsere Aufgabe ist es aber nun dafür zu sorgen, dass diese Szenarien auch Fiction bleiben. Wir befinden uns gerade am Anfang unserer eigenen industriellen Revolution. Vieles wird dem Fortschritt zum Opfer fallen. Der Boden am Rande unseres bisherigen Kaninchenbaus fängt an zu bröckeln und wir werden früher oder später fallen. Wir alle sind jetzt dafür verantwortlich, wie stark schlussendlich das Netz  sein wird, auf dem wir landen.

Im digitalen wilden Westen sind wir dafür verantwortlich, für Recht und Ordnung zu sorgen. Das Feld der künstlichen Intelligenz ist nach wie vor ein spannendes Thema mit vielen positiven Möglichkeiten für die Menschheit. Es muss nur Grenzen geben, in denen gehandelt werden darf. Ich werde solche Systeme weiter für meine Arbeit nutzen. Allerdings nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung, um meine Effizienz und Qualität zu verbessern und vor allem, um mich weiter zu entwickeln. Ich darf dabei nur nicht vergessen, wie schön unsere echte Welt sein kann. Denn wie schon James Halliday (Figur aus Ready Player One) sagte: „Die Realität ist der einzige Ort, an dem es etwas Vernünftiges zu essen gibt.“

Bleibt real. Euer Christian 😉

One thought on “Was uns Alice über das Wunderland nicht erzählt hat.”

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