In den letzten Monaten, fast Jahren, war und ist immer wieder zu hören und lesen, wie sehr sich Forster Politiker um attraktive Angebote für die Jugend bemühen, wie wichtig ein Jugendzentrum in Forst sei und wie wichtig die Jugend generell für die Zukunft der Stadt sei. Vor einiger Zeit haben wir in unserem Blog einen Beitrag veröffentlicht, in dem wir dieses Thema kritisch ansprachen.
Auf Grund dieses Beitrages und der Kommentare von offiziellen Personen zu dem Artikel, meldete sich ein ehemaliges Gründungsmitglied des ersten Kinder- und Jugendbeirates, um seinem Ärger Luft zu machen. Er erzählt, wie die Kommunikation mit den Jugendlichen wirklich ablief. Zum Schutz seiner Privatsphäre wird er namentlich hier nicht genannt. Nur so viel sei gesagt, inzwischen wohnt er nicht mehr ins Forst. Ob er aber zurück kommt?
Warum hast du dich damals im Kinder- und Jugendbeirat engagiert?
Wir hatten Bock, was zu machen; wir hatten Ideen und fanden cool, dass man uns tatsächlich fragt. Es sah ja erstmal danach aus, dass wir auch in Entscheidungen eingebunden werden.
Was waren die ersten Ideen?
Soweit sind wir – ehrlich gesagt – gar nicht gekommen. Wir waren das erste Jahr damit beschäftigt, eine Geschäftsordnung zu erstellen. Einerseits mag das ja wichtig sein, aber es war auch zäh und da wir ohne Geschäftsordnung offenbar nichts umsetzen konnten, gab’s nicht wirklich Erfolgserlebnisse. Das war extrem demotivierend und auch blöd in der Außenwirkung.
Das Einzige, was wir gemacht haben, war eine große Umfrage zum Jugendzentrum, das im Eastside entstehen sollte. Die Stadt wollte wissen, was wir da wichtig finden und was nicht. Das hat auch gut funktioniert. Wir haben Schüler des Gymnasiums und der Oberschule befragt und die Ergebnisse der Stadt übergeben. Am Ende passte das ganz gut alles zusammen.
Und dann?
Dann haben die Stadtverordneten das Ding gekippt und alles war quasi für den Papierkorb. Besonders geärgert hat mich, dass nach dem gekippten Beschluss niemand mehr mit uns gesprochen hat. Auch davor, also zum Plan, das alles jetzt ganz anders zu machen, wurde mit uns überhaupt nicht geredet. Wir waren komplett raus. Trotzdem hieß es immer „Wir machen das nur für die Jugendlichen!“ und „Wir wollen das Beste für die Jugend“.
Wir waren mal in der Stadtverordnetenversammlung und haben uns das aus dem Publikum heraus angesehen. Das gab mir dann den Rest. Nur Zank und Streit und nichts ging nach vorn. Damit war für mich klar, dass über diese Schiene in Forst nichts zu machen ist.
Du bist jetzt nicht mehr in Forst, einige Zeit ist inzwischen vergangen. Wie siehst du das jetzt im Rückblick?
Naja, ich sag mal so: Es gibt noch immer kein Jugendzentrum und offenbar noch nicht mal eine Baustelle. Es wird weiter eine Phrase nach der anderen gedroschen, wie wichtig die Jugend ist. Aber letztlich ist nur der Streit darum übrig geblieben. Mit den jungen Leuten hat das schon lange nichts mehr zu tun.
Forst ist an sich nicht schlecht und ja auch meine Heimat und ich würde schon gern zurück kommen. Aber ich überlege ernsthaft, welche Zukunft die Stadt eigentlich hat, wenn die politischen Vertreter so wenig nach vorn wollen, sondern eher im Kleinklein im Dauerstreit liegen.
Wie siehst du generell den Kinder- und Jugendbeirat?
Ich bin jetzt in der Gewerkschaft aktiv, das bringt mehr 😉 Nein, im Ernst: So ein Beirat ist sicher gut gedacht, aber für Jugendliche der falsche Rahmen. Jugend will machen und nicht ewig quatschen. Wahrscheinlich ist das jetzt nach Corona noch stärker. Vielleicht funktioniert so ein Beirat in anderen Städten gut, aber hier geht’s vielen jungen Leuten wahrscheinlich wie mir. Es lohnt sich einfach nicht, sich über so ein Gremium einzubringen, weil es am Endes des Tages die Stadtpolitik nicht interessiert. Wir sollen „machen“, aber bitte genau so, wie sich das die älteren Leute vorstellen. Neu und anders und schneller ist nicht gewollt. Punkt.
Nun stellt sich die Frage, wie wichtig es den Stadtverordneten wirklich ist, das Projekt Jugendzentrum endlich umzusetzen. Natürlich ist uns bewusst, dass so ein Verfahren im Öffentlichen Raum etwas anderes ist als die Umsetzung in der Privatwirtschaft. Allerdings sind fast fünf Jahre Planung, Diskussion und mehrere hunderttausend Euro ohne Ergebnis, geschweige denn einer Richtung, für eine Stadt in unserer Situation nicht tragbar. Wir bekommen den Eindruck, dass das Thema Jugend keinen hohen Stellenwert genießt. So bleibt weiterhin offen, wann, wo und ob die Jugend endlich einen Ort für sich bekommen wird.
Im übrigen finden 2024 die nächsten Kommunalwahlen statt. Hier hat jeder ab 16 Jahren die Möglichkeit, die nächsten Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung und somit seinen Vertreter in der Stadt zu wählen.