Vor gut einem Jahr hat die Reise unseres Projektes begonnen. Zeit, ein wenig zurückzublicken und euch zu zeigen, was sich seitdem getan und verändert hat.
Was hatten wir überhaupt vor?
Jeder weiß, dass es in der täglichen Flut von Informationen immer schwerer wird, den Überblick zu behalten. Unser Projekt „Broken Fakes“ hatte anfangs die Aufgabe, Fake News zu entschlüsseln und den Nutzern einen Weg zu zeigen, Fake News schneller zu erkennen und einzuordnen. Leichter gesagt als getan, wie sich schnell herausstellte. Bei unseren Überlegungen und Recherchen wurde uns bewusst, wie komplex dieses Thema ist und wie schwer es selbst für uns war, den Informationsfluss zu bewältigen. Das Aufkommen der künstlichen Intelligenz Anfang 2023 war ebenfalls eine Herausforderung. Wir mussten also einen anderen Ansatz finden.
Unser neuer Ansatz
Es stellte sich die Frage, wie wir auf leichtere Weise auf dieses Thema aufmerksam machen konnten, ohne noch mehr Verwirrung zu stiften. Die Idee, eigene Fake News zu streuen, gab es ja von Anfang an. Nachdem wir intensiver die Strukturen erkannten, wie solche Nachrichten entstehen und wie die neuen Technologien dabei eine Rolle spielen, war es fast schon ein Selbstläufer. Natürlich klingt es paradox, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, aber unser Ansatz war etwas anders.
Wir entwickelten positive Fake News über verschiedene Themen, die jedoch immer als solche gekennzeichnet waren – nicht auf den ersten, aber auf den zweiten Blick. Unser Ziel war es, niemanden persönlich anzugreifen, sondern zum Nachdenken anzuregen. Viele unserer Nachrichten sollten als Ideengeber wirken – viele Dinge wären mit ein wenig Engagement umsetzbar. Ein Beispiel dafür war der Artikel, in dem wir berichteten, dass Fassaden über Nacht mit Graffiti verschönert wurden. Auch wenn es schwer umzusetzen ist, merkten wir, dass viele Leute solch eine Umsetzung als Bereicherung in der Stadt sehen würden.
Reaktionen und Erkenntnisse
Bei anderen Nachrichten gingen wir bewusst provokativer und satirischer vor, besonders in den Bereichen Stadtverwaltung und Stadtverordnetenversammlung (SVV). Wir testeten auch, wo sich Fake News am besten verbreiten lassen – klassische soziale Netzwerke wie Facebook oder auf einer Webseite. Dafür erstellten wir ein Fakeprofil, genauer gesagt das unseres Redakteurs Rainer Ernst. Das Porträt von Rainer wurde mit KI erstellt und unter seinem Namen veröffentlichten wir Beiträge bzw. nahmen an Diskussionen in öffentlichen Gruppen teil.
Wir haben auch reale Nachrichten veröffentlicht, mussten aber feststellen, dass das Interesse recht gering war. Dabei erkannten wir, wie schwer es ist, reale positive Nachrichten gut zu recherchieren und zu veröffentlichen. Hier die erste Erkenntnis im Bezug auf Medien: Es ist viel leichter, Fake News zu erstellen als reale Nachrichten.
Viele Leser haben nur die Überschrift und den ersten Absatz gelesen, ohne zu merken, dass es sich um eine gefälschte Nachricht handelt. In den Kommentaren wurde teils mit Unverständnis auf die eigentliche Nachricht reagiert. Kommentare wie „Was DIE da oben sich schon wieder ausgedacht haben“ oder „Wie kann man an MEINEN Wasserturm eine Rutsche bauen“ waren keine Seltenheit. Zwischenmenschlich drifteten die Kommentare oft weit vom Thema ab – genau das, was wir damit erreichen wollten. Wir wollten verstehen, wie sich solche Nachrichten verbreiten und wie die Leser sie auffassen.
Weiterentwicklung und Zukunft
Statistisch hatten wir auf unserer Webseite ca. 5.000 neue Nutzer und auf den sozialen Netzwerken knapp doppelt so viele Interaktionen. Nach einer gewissen Zeit ging das Interesse an unseren Nachrichten allerdings merklich zurück. Viele hatten mitbekommen, wer wir sind und was wir machen, und die allgemeine Nachrichtenlage war so vollgestopft mit Neuigkeiten, dass Viele sich einfach nicht mehr mit neuen Informationen beschäftigen wollten.
Für uns war das ein guter Zeitpunkt, in die nächste Phase des Projektes einzusteigen. Wir setzen nun mehr auf analoge Veranstaltungen, um den Menschen das Thema greifbarer zu machen. Im April hatten wir unser erstes Mediapanel, bei dem wir das Projekt vorstellten und über die Entstehung von Fake News, die Arbeit mit Nachrichten im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz und den täglichen Begegnungen mit KI sprachen.
In diesem Jahr legen wir den Fokus mehr auf Veranstaltungen, die das Thema noch transparenter machen. Uns ist bewusst, dass wir gegen die Medienflut nicht ankämpfen können. Das wollen wir auch nicht. Unser Ziel ist es, dass Menschen Medien und Nachrichten besser bewerten können und sensibler für das Thema Fake News werden. Bei unseren Veranstaltungen gehen wir stark darauf ein, wie unsere Wahrnehmung funktioniert und warum wir so empfänglich für Fakes und Verschwörungen sind. Warum ist Werbung zum Teil so manipulativ und wie nutzen einzelne Personen und Gruppierungen genau dieses Prinzip aus, um unsere Meinung zu verändern und zu formen?
Im besten Fall bieten wir mit unserer Arbeit eine Exit-Strategie aus dem undurchsichtigen Medienjungle.